§ 314 VAG, Versicherungsgesellschaften in der Krise
Seit dem 01.01.2016 gelten die Vorschriften des Paragrafen 314 im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Das Gesetz beschäftigt sich mit möglichen Maßnahmen, die ergriffen werden können, wenn sich eine Versicherungsgesellschaft in der Krise befindet und insolvent gehen könnte. Versicherungen werden in unserer Gesellschaft als sicher angesehen und sind bis heute eine beliebte Form der Altersvorsorge für viele Menschen. Doch wie sicher ist eine Versicherung heutzutage? Ist die Anlage in eine Lebens- oder Rentenversicherung wirklich risikofrei? Ist Ihre vertraglich garantierte Leistung wirklich garantiert?
„Ergibt sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der Vermögenslage eines Unternehmens, dass dieses dauerhaft nicht mehr imstande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen, die Vermeidung des Insolvenzverfahrens aber zum Besten der Versicherten geboten erscheint, so kann die Aufsichtsbehörde das hierzu Erforderliche anordnen.“
Das bedeutet, dass die Aufsichtsbehörde der Versicherungsgesellschaft Anordnungen erteilen kann, falls dies aus der Sicht der Aufsichtsbehörde als erforderlich erscheint, um eine Insolvenz des Versicherungsunternehmens zu verhindern. Die Anordnungen und Maßnahmen, die ergriffen werden können, sind in ihrem Umfang erschütternd.
Alle Versicherungen sind betroffen
„Alle Arten von Zahlungen, besonders Versicherungsleistungen, Gewinnverteilungen und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf, können zeitweilig verboten werden.“
§ 314 (1) S. 2 VAG
Im Falle einer Krise kann die Versicherung somit Zahlungen an den Versicherungsnehmer verweigern, auch wenn Sie alle Vertragsbedingungen eingehalten und Ihre Beitragspflicht erfüllt haben. Der Gesetzestext nimmt keine Einschränkung vor, auf welche Versicherungsarten das Gesetz ggf. nicht anzuwenden ist. Dies lässt schließen, dass das Gesetz uneingeschränkt für alle Versicherungen (u.a. Lebens‑, Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungen) gilt.
„Unter der Voraussetzung nach Absatz 1 Satz 1 kann die Aufsichtsbehörde, wenn nötig, die Verpflichtungen eines Lebensversicherungsunternehmens aus seinen Versicherungen dem Vermögensstand entsprechend herabsetzen. Dabei kann die Aufsichtsbehörde ungleichmäßig verfahren, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen, insbesondere, wenn bei mehreren Gruppen von Versicherungen die Notlage des Unternehmens mehr in einer Gruppe als in einer anderen Gruppe begründet ist. Bei der Herabsetzung werden, soweit Deckungsrückstellungen der einzelnen Versicherungsverträge bestehen, zunächst die Deckungsrückstellungen herabgesetzt und danach die Versicherungssummen neu festgestellt; ist dies nicht möglich, werden die Versicherungssummen unmittelbar herabgesetzt.“
§ 314 (2) S. 1–3 VAG
Im zweiten Absatz wird beschrieben, dass bereits existierende Rückstellungen und Leistungen der Versicherungen reduziert werden können. Die Aufsichtsbehörde kann im Falle einer Krise vertraglich vereinbarte Leistungen ändern und somit kürzen. Hierbei spielt es keine Rolle, ob Sie Leistungen bereits beziehen (z.B. eine laufende Rentenzahlung) oder ob der Leistungsfall noch nicht eingetreten ist (z.B. künftige Rentenzahlungen). Somit kann Ihre bereits laufende Rente, aber auch Ihre künftige Rente oder die Ablaufleistung aus einer Kapitallebensversicherung reduziert werden. Hinzu kommt, dass der Gesetzestext keinerlei Eingrenzung über die Dauer dieser leistungsreduzierenden Maßnahmen vornimmt.
Ihre Beitragspflicht gilt trotz Leistungsreduzierung/-aussetzung
„Die Pflicht der Versicherungsnehmer, die Versicherungsentgelte in der bisherigen Höhe weiterzuzahlen, wird durch die Herabsetzung nicht berührt.“
§ 314 (2) S. 4 VAG
Die laufenden oder künftigen Leistungen können reduziert werden, aber Sie sind als Versicherungsnehmer weiterhin verpflichtet den vollen vereinbarten Versicherungsbeitrag weiterzuzahlen.